Alles Gute kommt von oben
(Denn Gott, der CEO, sprach: Es ist nun an der Zeit, dass KAM wird. Und es
ward KAM.)
Nachdem er in ziemlich kurzer Zeit die Erde und den dazugehörigen Kosmos
(oder auch vice versa) erfunden und zusammengebaut hatte, zog Gott sich
an einem weiteren arbeitsreichen Tag in sein Home Office zurück und machte
sich tiefsinnige Gedanken über eine adäquate Vertriebsinitiative für sein
zukünftiges Produkt- und Leistungsangebot, das er aus seiner Erfindung
entwickeln und umsetzen wollte.
Zwar war die Anzahl seiner Zielkunden noch überschaubar, aber sein Heiliger
Geist hatte schon mal profilaktisch in seiner Funktion als Chefberater ange-
regt, dass nur eine visionär ausgerichtete Vertriebsstrategie die Kunden-
akzeptanz sichern und den langfristigen Erfolg seiner Entwicklungsarbeit
gewährleisten würde. Dies belegt eine protokollarisch festgehaltene
Kernbotschaft aus einem der Meetings: „Was du heute kannst besorgen, das
verschiebe nicht auf morgen!“
Im Zuge dieser etwas länger dauernden Überlegungen und nach mehreren
bilateralen Besprechungen mit seinem Heiligen Berater hatte der CEO zum
Ende einer wirklich aufgabenintensiven Woche, an seinem Schreibaltar sitz-
end, d e n Geistesblitz, der die Herausforderung auf einen Schlag zu meis-
tern versprach:
Nein, er wollte nicht auf Biegen und Brechen den schnellen Verkaufserfolg,
obwohl ihm das spontan sehr verlockend erschien.
Er hatte vielmehr die Vision einer strukturierten Vertriebsstrategie zur
langfristigen Vermarktung seiner Leistungen. Und natürlich benötigte er dazu
für den Flächenvertrieb wenigstens einen oder bei steigendem Bedarf
mehrere Botschafter seines Angebotes.
Nach einer aufreibenden Recruiting-Kampagne und anschließendem
Assessment Center, die er zusammen mit seinem Sohn, dem designierten
Markenbotschafter, durchführte, fiel die erste Wahl auf einen gewissen Petrus
(nicht verheiratet, keine Kinder, mobil) als neuen wichtigen Vertriebs-
mitarbeiter, der gleich mit der Zusammenstellung eines Sales-T eams begin-
nen sollte.
Über die Vertragsmodalitäten waren sich beide Parteien sehr schnell einig:
Unbefristetes Anstellungsverhältnis mit beiderseitigem Kündigungsrecht zum
Tage des Jüngsten Gerichts. Das Vergütungspaket war komfortabel ausge-
stattet mit dreizehn Monatsgehältern als Fixum und einer zielabhängigen
Bonuszahlung. Man einigte sich zunächst auf die anteilige Auszahlung des
Bonus auf Mitte und Ende eines Jahres. Später sollte die Zahlung jeweils
zum Oster- und Weihnachtsfest erfolgen.
Der CEO nannte seinen KAM Petrus, setzte ihn sofort auf seine Payroll und
schrieb ihm das erste motivierende Mission Statement in seine To-do-Liste:
Petri Heil!
Allen Beteiligten dieses Glaubens-Inkubators war sonnenklar, dass gerade am
Anfang der Marktbearbeitung nicht zu viele Vertriebs-Guidelines existieren
durften, um Mitarbeiter und Kunden nicht schon im Vorfeld zu verwirren.
Sie mussten eine klare, verständliche und einleuchtende Botschaft mit
entsprechendem Aufforderungscharakter vermitteln.
Ein bedeutsames Ziel lag dabei ebenso im Fokus: Aus Anwendern sollten weitere
Mitarbeiter rekrutiert werden. Dies ist heute noch als die Wiege des Multilevel-
Marketing bekannt.
Von den Managern der ersten Stunde, in der Stellenbeschreibung als `Jünger`
tituliert und vom Juniorchef in direkter Berichtslinie geführt, erwartete er ein
Höchstmaß an entsprechender Qualifikation, die natürlich in angebots-
spezifischen Weiterbildungsmaßnahmen kontinuierlich verbessert werden sollte.
Die Mutter aller Geschäftsberichte mit dem dazugehörigen Trainer-Manual
existiert heute noch, allerdings in mehreren unterschiedlichen kultur- und
religionsspezifischen Versionen.
Heute wissen wir, dass dies der letzte wichtige Schritt in der Genesis war, als
unser (fast) aller CEO das Key Account Management erfand und seine
Regeln festlegte.
Und das an einem Sonntag, ohne dass die Überstunden jemals abgefeiert
wurden. So geht jedenfalls die Legende.
Hallelujah !