Positive Self-Leadership ist mehr als nur eine Ergänzung zu den Leadership-Themen und -Methoden.
Es ist ein essenzielles Thema für uns alle – und nicht nur für Führungskräfte.
Eine ausbalancierte Selbstführung hält gesund und macht Spitzenleistungen erst möglich.
Bei Thema Leadership wird viel über die komplexen Herausforderungen diskutiert. Die inneren Prozesse des Leaders stehen dabei meist nicht im Fokus. Diese zu kennen und durch Self-Leadership zu beeinflussen ist für effektives Leadership eine wichtige Voraussetzung.
Leadership wird mit Führungsarbeit oder der Fähigkeit Verantwortung zu übernehmen, gleichgesetzt. Es ist eine effektive Fremdbeeinflussung im Sinne von Yes, I can! Positive Leadership fokussiert ganz im Sinne der positiven Psychologie auf die Stärken und Ressourcen der Mitarbeitenden. Ein wichtiger Leitsatz lautet dabei Schwächen managen, Stärken stärken!
Unter Self-Leadership versteht man die Beeinflussung eigener innerer oder gedanklicher Prozesse. Beim Positive Self-Leadership steht gemäß der Positiven Psychologie die Fokussierung auf die eigenen Potenziale, also die besonderen Talente und Begabungen, im Mittelpunkt. Es ist also eine effektive Selbstbeeinflussung im Sinne von Yes, I can! Beim Positive Self-Leadership steht gemäß der Positiven Psychologie die Fokussierung auf die eigenen Potentiale, also die besonderen Begabungen und Talente, im Mittelpunkt.
Warum Positive Self-Leadership so wichtig ist
In Coachingprozessen fällt mir häufig auf, dass viele Coachees (bzw. meine Kund*innen) zu wenig oder gar nicht auf ihre Bedürfnisse achten. Man will es allen recht machen und stellt externale Bedürfnisse und Anforderungen in den Vordergrund. Wer jedoch auf die eigenen Bedürfnisse achtet, in sich hineinhört, weiß, was gut für ihn/sie ist, und kann leichter entscheiden, was er/sie machen will. Die Grundlage für Positive Leadership bilden in erster Linie die eigene Haltung und das eigene Verhalten. Positive Leadership beginnt somit mit dem Positive Self-Leadership – einer gesundheitsförderlichen und potenzialorientierten Selbstführung mit Haltung.
Entwicklung eines Praxismodells
Es gibt bisher noch keine Literatur zur Selbstführung mit dem Ansatz der Positiven Psychologie. Daher war mein Ziel, ein für den Berufsalltag taugliches Modell zu entwickeln. Im Mittelpunkt steht das PERMA-Modell von Seligman (2011). Dieses wurde um die drei Faktoren Selbstbestimmung, Optimistisches Coping und Gesundheit ergänzt (Epp, 2021). Im Folgenden werden die acht Faktoren im Überblick beschrieben.
Positive Emotionen: Positive Emotionen sind mehr als „lustig sein“ und „Spaß haben“.
Engagement und Flow: Der Motivationsfaktor.
Relationships: Der Beziehungs- und Kommunikationsfaktor.
Meaning und Purpose: Die Sinnerfüllung bildet den vierten Faktor.
Accomplishment: Hier dreht sich alles um das eigene Können und die eigenen Kompetenzen.
Selbstbestimmung: Die Selbstbestimmung kommt im Erleben von Freiheit und Autonomie zum Ausdruck.
Optimistic Coping: Bei diesem Faktor geht es um die bewusste optimistische Herangehensweise an alltägliche Herausforderungen.
Gesundheit: Es ist wichtig, nicht nur die psychische, sondern auch die physische Gesundheit in das Positive Self-Leadership miteinzubeziehen.
PERMA-SL-Dashboard: Umsetzung in Beruf und Alltag
Wie bringe ich den Positive Self-Leadership-Ansatz in meine berufliche Tätigkeit und in mein Alltagsgeschehen? Für die Umsetzung möchte ich die Metapher des Dashboards aufgreifen. Ein Dashboard ist ein System zur Visualisierung aktueller Daten. Aus dieser Überlegung habe ich die Metapher des „PERMA-SL-Dashboards“ (s. Abb. 1) entwickelt. Der Zusatz „SL“ sollte die Abkürzung für Self-Leadership sein. Das PERMA-SL-Dashboard funktioniert wie ein Mischpult beim Radio oder im Aufnahmestudio. Im oberen Bereich wird die Stärke des Signals angezeigt, und im unteren Bereich kann man mit dem Schieberegler das Signal verstärken oder abschwächen.
Die Pegelanzeige des PERMA-SL-Dashboards
Im oberen Bereich befindet sich die Pegelanzeige. Diese zeigt den aktuellen Stand der acht Faktoren an. Die Pegelanzeige hat drei Farbbereiche:
• Gelb: Die obersten zwei Lämpchen sind gelb. Ist das Signal zu stark, zeigt die gelbe Farbe, dass man sich im Moment zu viel mit dem entsprechenden Faktor beschäftigt. Beim PERMA-SL-Dashboard ist dies nicht so tragisch, da es sich im Normallfall um eine Art „Luxuszustand“ handelt. So ist es ganz normal, dass die positiven Emotionen ein paar Tage etwas überhöht sind, wenn man z. B. eine Auszeichnung verliehen bekommt.
• Grün: Die mittleren fünf Lämpchen sind grün und zeigen den Idealbereich an.
• Rot: Die untersten drei Lämpchen zeigen ein Untersteuern an. Wenn die Anzeige im roten Bereich ist, fehlt etwas in diesem Faktor. Wenn z. B. die Anzeige bei „Relationships“ im roten Bereich ist, kommen die sozialen Beziehungen im Moment zu kurz.
Die Schieberegler des PERMA-SL-Dashboards
Im unteren Bereich des PERMA-SL-Dashboards befinden sich die Schieberegler. Es gibt pro Faktor einen Regler. Wenn die Anzeige in der Pegelanzeige im gelben Bereich ist, schiebt man den Schieberegler nach unten. Wenn man in einer Woche sehr viele Online-Meetings hatte, könnte die Relationships-Pegelanzeige in den gelben Bereich ausschlagen. Daher wählt man in der darauffolgenden Woche die Online-Meetings mit Bedacht aus. Man absolviert z. B. nur unbedingt notwendige Online-Meetings, sodass sich der Relationships-Pegel wieder normalisieren kann.
Wenn die Pegelanzeige im grünen Bereich ist, braucht man eigentlich gar nichts zu machen. Natürlich kann man auch festhalten, was man momentan richtig macht.
Kritisch wird es, wenn die Lämpchen in der Pegelanzeige Rot anzeigen. Wenn es auf der Relationships-Pegelanzeige rot aufleuchtet, sind die sozialen Beziehungen in letzter Zeit zu kurz gekommen. Man fühlt sich vielleicht etwas vereinsamt oder isoliert. Durch das alleinige (bzw. einsame) Arbeiten im Homeoffice während der Corona-Pandemie kennen einige dieses Gefühl. Durch informelle Online-Treffen mit Arbeitskolleg*innen oder Freund*innen, z. B. zum (virtuellen) Mittagessen oder zu einem informellen Kaffeeplausch, kann der Faktor Relationships wieder gestärkt werden.
Die Intention des Positive Self- Leadership reiht sich in den Kanon der Modelle rund um die Grundidee eines Benefit Mindset ein. Dabei wird besonders betont, dass Lernen und Leadership als wechselseitige Ergänzungen zu verstehen sind. Somit sind Wohlbefinden und Potenzialentfaltung sowohl auf individueller als auch auf Team- und Organisationsebene die Voraussetzung zum
„Being well & doing good!“.